Der Zivilrichter des Amtsgerichts entscheidet über alle zivilrechtlichen Streitigkeiten mit einem Streitwert von bis zu 5000 Euro.
Unabhängig vom Streitwert ist das Amtsgericht unter anderem zuständig für Streitigkeiten über Ansprüche aus dem Mietverhältnis zwischen Vermieter und Mieter von Wohnraum. Für die Entscheidungen in Familiensachen ist das Familiengericht zuständig.
Örtlich zuständig ist grundsätzlich immer das Gericht, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Wohnsitz hat. Daneben gibt es besondere und ausschließliche Gerichtsstände. Wichtigster Fall eines ausschließlichen Gerichtsstandes ist die Zuständigkeit bei Streitigkeiten über Ansprüche aus Miet- und Pachtverträgen über Räume. Diese Klage ist bei dem Gericht zu erheben, in dessen Bezirk sich die Räume befinden und zwar auch dann, wenn der Beklagte nicht in diesem Bezirk wohnt.
In den zivilrechtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht besteht zwar kein Anwaltszwang. In den weit überwiegenden Verfahren lassen sich die Parteien aber von Rechtsanwälten vertreten. Eine rechtliche Beratung bereits vor Klageerhebung kann in vielen Fällen angezeigt sein, um sich über die Erfolgsaussicht einer Klage beraten zu lassen.
Die von dem Kläger einzureichende Klageschrift muss den vollständigen Namen und die Anschrift des Klägers/Antragstellers und des Gegners, einen bestimmten Antrag (z.B. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1000,- Euro zu zahlen) und eine bestimmte Angabe der Tatsachen enthalten, die den geltend gemachten Anspruch begründen. Schriftstücke, auf die in der Klage Bezug genommen wird, sind als Anlage beizufügen; ebenso die für die Zustellung an den Gegner vorgesehene Abschrift der Klage nebst Anlagen.
Die Klage wird grundsätzlich erst nach Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses an den Gegner zugestellt. Die Vorschusspflicht für die Gerichtskosten entfällt, wenn der Kläger einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellt und das das Gericht Prozesskostenhilfe bewilligt. Als Gerichtskostenvorschuss ist die 3-fache Gebühr zu zahlen. Dies teilt die Geschäftstelle mit.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe befreit die Partei jedoch im Falle des späteren Unterliegens nicht von der Verpflichtung, die dem Gegner entstandenen außergerichtlichen Kosten, insbesondere dessen Rechtsanwaltskosten zu erstatten.
Bei einem vorangegangenen gerichtlichen Mahnverfahren wird der Zivilrichter erst tätig, wenn der Beklagte gegen den gerichtlichen Bescheid Widerspruch oder gegen den gerichtlichen Vollstreckungsbescheid Einspruch eingelegt hat. In diesem Falle muss der Kläger nach gerichtlicher Aufforderung eine Anspruchsbegründung einreichen, die inhaltlich die Anforderungen an eine Klageschrift erfüllt. Zum Gerichtstermin kommt es aber auch dann, wenn der Beklagte einen Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens stellt.
Liegt eine formell ordnungsgemäße Klage bzw. Anspruchsbegründung vor, so hat der Richter 2 Möglichkeiten:
Bei Ausbleiben der Verteidigungsanzeige erlässt das Gericht auf Antrag des Klägers ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten, wenn es zu der Auffassung gelangt, dass das Klagevorbringen den gestellten Antrag rechtfertigt. Zeigt der Beklagte die Verteidigungsabsicht an, so wird nach Eingang der Stellungnahme des Beklagten diese an den Kläger übersandt und in der Regel zugleich Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt. Es ist aber auch möglich, dass vor Anberaumung der mündlichen Verhandlung zunächst Angaben oder Hinweise des Gerichts erfolgen oder z. B. ein Sachverständigengutachten eingeholt wird.
In Kleinverfahren mit einem Streitwert von nicht mehr als 600 Euro kann das Gericht sein Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen. In der Regel erhält der Beklagte mit der Zustellung der Klageschrift die Gelegenheit, binnen einer Frist von 2 Wochen Stellung zu nehmen. Soweit keine streitigen entscheidungserheblichen Tatsachen zu klären sind, wird der Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren durch Urteil entschieden. Eine mündliche Verhandlung findet grundsätzlich nur dann statt, wenn eine Partei dies beantragt oder eine Beweisaufnahme, z. B. die Vernehmung von Zeugen, erforderlich ist. Das Gericht kann aber auch die schriftliche Beantwortung der Beweisfrage durch den oder die Zeugen anordnen, wenn es dies für ausreichend erachtet und so eine mündliche Verhandlung vermeiden. Wird eine mündliche Verhandlung anberaumt und kommt der Beklagte nicht, so wird vielfach nach Klägerantrag endgültig entschieden.
Im Regelfall findet immer eine mündliche Verhandlung statt.
Im Termin findet zunächst eine Güteverhandlung statt. Hiervon kann nur abgesehen werden, wenn eine Güteverhandlung erkennbar aussichtslos ist oder bereits ein Güteversuch vor einer Schlichtungsstelle stattgefunden hat. Zu dieser Güteverhandlung soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. Nur bei großer Entfernung oder aus wichtigem Grund kann von dem persönlichen Erscheinen der Parteien abgesehen werden. In der Güteverhandlung sollen der Sach- und Streitstand erörtert und die Parteien persönlich angehört werden. Der Richter wird in geeigneten Fällen auf eine vergleichsweise Einigung der Parteien hinwirken. Der Abschluss eines Vergleiches unter gegenseitigem Nachgeben der Parteien kann zur Vermeidung erheblicher Kosten z.B. dann sinnvoll sein, wenn bei streitiger Fortführung des Prozesses ein kostenintensives Sachverständigengutachten einzuholen ist, dessen Ausgang ungewiss ist.
Mit Zustimmung der Parteien kann aber auch von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden und eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren getroffen werden (weitere Ausnahmen siehe Ziffern III., IV.). Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung kann der Richter den Parteien die Ergänzung oder Erläuterung ihres Sachvortrages aufgeben, amtliche Auskünfte von Behörden einholen sowie insbesondere auch Zeugen und Sachverständige laden.
Die mündliche Verhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache. Der Richter stellt zunächst fest, ob alle geladenen Personen erschienen sind. Die Parteien können sich vor dem Zivilgericht selbst vertreten oder eine andere Person zur Prozessvertretung bevollmächtigen. Anwaltszwang besteht nicht. Ein Erscheinen der Parteien vor Gericht ist jedoch dann erforderlich, wenn der Richter das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet hat.
Ist eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zum Termin erschienen bzw. nicht ordnungsgemäß vertreten und liegt auch keine ausreichende Entschuldigung vor, so erlässt das Gericht auf Antrag der anderen Partei ein Versäumnisurteil gegen die nicht erschienene Partei, durch das - bei Säumnis des Klägers - die Klage abgewiesen wird und - bei Säumnis des Beklagten - der Beklagte, wenn die Klage schlüssig ist, entsprechend dem Antrag des Klägers verurteilt wird.
Gegen die Partei, die trotz der Anordnung des persönlichen Erscheinens unentschuldigt nicht zum Termin oder zur Güteverhandlung erscheint, kann ein Ordnungsgeld verhängt werden. Dies gilt ebenso für unentschuldigt nicht erschienene Zeugen. Bei Zeugen ist die Verhängung des Ordnungsgeldes zwingend. Für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, wird ersatzweise Ordnungshaft festgesetzt. Auch kann das Gericht die zwangsweise Vorführung durch die Polizei anordnen.
Eine ordnungsgemäße Entschuldigung setzt im Falle von Krankheit die Vorlage eines aussagekräftigen ärztlichen Attestes voraus; eine bloße Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit genügt nicht. Im Falle von Urlaub muss eine Buchungsbestätigung eingereicht werden, aus der ersichtlich ist, dass der Urlaub bereits vor Zustellung der Terminsladung gebucht worden ist.
Der Ablauf des Verhandlungstermins mit Beweisaufnahme:
Die zum Termin erschienenen Zeugen werden zur Wahrheit ermahnt und auf die Strafbarkeit einer falschen uneidlichen oder eidlichen Aussage hingewiesen. Sie verlassen dann zunächst den Sitzungssaal.
Sodann stellen die Parteien bzw. deren Vertreter oder Rechtsanwälte die Anträge. Die Zeugen werden einzeln, jeweils in Abwesenheit der anderen Zeugen, hereingerufen und vernommen. Ein zur Erläuterung seines bereits zuvor erstatteten Gutachtens geladener Sachverständiger kann gehört werden. Evtl. werden Urkunden zu Beweiszwecken verlesen oder Gegenstände in Augenschein genommen.
Nach Abschluss der Beweisaufnahme wird der Richter den Sach- und Streitstand und das Ergebnis der Beweisaufnahme mit den Parteien bzw. deren Vertretern oder Rechtsanwälten erörtern.
Termin zur Verkündung einer Entscheidung
Das Gericht setzt am Schluss der mündlichen Verhandlung einen Termin zur Verkündung einer Entscheidung fest. Dieser liegt in der Regel mehrere Wochen nach der Verhandlung. Eine Anwesenheit der Parteien ist bei der Verkündung nicht erforderlich. Die Entscheidung wird ohnehin den Parteien zugesandt. Hierbei kann es sich um ein die Instanz abschließendes Urteil oder aber auch um einen Beweisbeschluss handeln, wenn der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif ist und weitere Beweiserhebungen notwendig sind.In dem Urteil werden die Kosten des Rechtsstreits der unterliegenden Partei auferlegt. Bei teilweisem Obsiegen bzw. Unterliegen werden die Kosten dementsprechend aufgeteilt.
Der Kläger kann die Klage bis zur rechtskräftigen Entscheidung zurücknehmen. Nach der Verhandlung zur Hauptsache ist dieses aber nur mit Zustimmung des Beklagten zulässig. Eine Entscheidung über die Kosten ergeht in diesem Fall nur auf Antrag.
Der Beklagte kann den Klageanspruch anerkennen, wenn er erkennt, dass seine Verteidigung aussichtslos ist. Es ergeht dann ein Anerkenntnisurteil, durch das der Beklagte antragsgemäß verurteilt wird. Das Anerkenntnisurteil ist günstiger für den Beklagten, da er dadurch Gerichtskosten spart.
Wird die Klage infolge eines erst im Laufe des Rechtsstreits eingetretenen Umstandes gegenstandslos, z. B. wenn der Beklagte die geltend gemachte Geldforderung bezahlt oder beim Räumungsbegehren die Wohnung räumt, so kann der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären. Stimmt der Beklagte zu, so entscheidet das Gericht nur noch per Beschluss über die Kosten des Rechtsstreits nach billigem Ermessen. Dabei hat das Gericht den bisherigen Sach- und Streitstand zu berücksichtigen. Eine mündliche Verhandlung findet dann nicht mehr statt.
Gegen die Urteile des Zivilrichters sind folgende Rechtsmittel möglich:
Der Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen worden ist, hat die Möglichkeit hiergegen Einspruch einzulegen. Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen ab Zustellung des Versäumnisurteils. Der Einspruch wird durch Einreichung einer Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt. Das Gericht prüft von Amts wegen, ob der Einspruch statthaft und ob er in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt worden ist. Fehlt es daran, so ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen. In der Einspruchsschrift müssen - um nachteilige prozessuale Folgen zu vermeiden - etwaige Angriffs- und Verteidigungsmittel vorgebracht werden. Die Einspruchsschrift wird dem Gegner zugestellt und Termin zur mündlichen Verhandlung/Güteverhandlung anberaumt. Erscheint die Partei, die Einspruch eingelegt hat, erneut nicht oder verhandelt sie nicht zur Sache, so ergeht ein zweites Versäumnisurteil, durch das der Einspruch verworfen wird. Ein weiterer Einspruch ist dann nicht zulässig und eine Berufung auch nur mit der Begründung, dass die Partei nicht säumig war (z.B. Schneeverwehung, Verkehrsunfall).
Streitige Urteile des Zivilrichters sind mit der Berufung anfechtbar, wenn der Beschwerdewert 600 Euro übersteigt. Bei einer Beschwer bis 600 Euro ist die Berufung nur zulässig, wenn sie durch das Amtsgericht zugelassen wird. Die Berufungsfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Zustellung des Urteils.
Achtung: Eine Berufung kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.
Ein Versäumnisurteil ist nicht mit der Berufung anfechtbar. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Einspruch nicht statthaft ist und die Berufung darauf gestützt wird, dass ein Fall der Säumnis nicht vorgelegen hat. Für die Einhaltung der Fristen ist es erforderlich, dass das Schriftstück (z.B. Einspruch) spätestens am Tag des Fristablaufs bis Mitternacht beim zuständigen Gericht in den dort befindlichen Briefkasten (Nachtbriefkasten) eingeworfen wird.
Eine Partei erhält Prozesskostenhilfe wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen, die beabsichtigte Rechtsverfolgung bzw. bei einem Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten die Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und diese nicht mutwillig erscheint. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt, dass die Partei von der Zahlung der Prozesskosten und der Vergütung des beigeordneten Rechtsanwaltes befreit ist. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe befreit die Partei jedoch im Falle des späteren Unterliegens nicht von der Verpflichtung, die dem Gegner entstandenen außergerichtlichen Kosten, insbesondere dessen Rechtsanwaltskosten, zu erstatten. Es ist aber auch möglich, dass mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe zugleich Ratenzahlungen angeordnet werden. Dies hängt von den Vermögensverhältnissen des Antragstellers ab. Auch können die zu leistenden Zahlungen vom Gericht abgeändert werden, wenn sich die für die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse maßgeblich geändert haben.
Im Rahmen der Prozesskostenhilfe kann auch ein Rechtsanwalt Ihrer Wahl beigeordnet werden, wenn dieses erforderlich ist oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.